Bunte Liebe, grauer Blick – Warum das manchen nicht passt (und mir trotzdem wichtig ist)

Ich kann mich noch erinnern, wie alles angefangen hat. Es war kurz nach der Mathe-Schularbeit, also der Tag war sowieso schon ehrenlos.

Ich stand mit meinen Mädels am Schulhof, alle mit dieser „Ich hab’s verkackt“-Aura. Und dann kam Jule.

Jule ist nicht laut. Eher leise. Aber wenn sie lacht, dann richtig. Und sie hatte diesen Pulli an – Regenbogenfarben. In Ungarn wär das wohl schon ein politisches Statement.

Sie stellte sich neben mich, so wie jeden Tag, und ich hab’s gemerkt: Mein Herz klopft schneller. Mein Kopf macht Spirenzchen. Aber nicht, weil ich sie liebe. Sondern weil ich wusste, da ist was. Und das war nicht mein was. Es war Sophies.

Sophie – meine Cousine.

Ich hatte’s vorher nie so richtig gesehen. Also doch. Aber halt nicht gecheckt. Die Blicke. Das heimliche Lächeln. Und dieses eine Mal, wo sie den gleichen Weg wie Jule nach Hause genommen hat, obwohl’s 20 Minuten Umweg war.

Am Abend hat sie mir dann geschrieben.

„Weißt du, wenn Jule mich anlächelt, dann fühl ich mich nicht komisch. Ich fühl mich… echt.“

Ich saß da. Und mir war klar: Das ist Liebe. Nicht Mädchen liebt Mädchen, sondern Mensch liebt Mensch.

Ich war happy für sie. So richtig.

Aber dann kam ihr Papa nach Hause.

Er hat ihr Handy gesehen. Die Nachricht gelesen. Und dann kam dieser Satz, der in mir nachhallt wie ein Tritt gegen die Menschlichkeit:

„Was soll dieser Scheiß?“

Er hat ihr Handy genommen. Ihr verboten, Jule zu sehen. Und gesagt: „Das ist nur eine Phase. Such dir bitte einen normalen Jungen.“

NORMAL?

Was ist „normal“, wenn du dich wegen deiner Liebe verstecken musst?

Sophie hat geweint. Aber nicht wie bei einem Liebesfilm. Sondern so richtig. Dieses Weinen, bei dem man nicht mehr weiß, ob man Luft kriegt. Ich stand daneben. Ich wollte was sagen. Ich war wütend. Und hilflos. Wie ein Dackel im Trockner.

Und trotzdem hat sie am nächsten Tag diesen Pulli getragen. Den mit dem Regenbogen. Einfach so. Ohne Angst. Ohne Entschuldigung.

Und ich?

Ich hab mich gefragt, was das für ein Game ist, in dem Liebe nicht für alle gleich zählt.

Und wie ich noch dazu gekommen bin, mir dieses Thema anzusehen? Wisst ihr ich war in Ungarn. Also, eigentlich war ich mit meiner Mom auf so ’nem Familien-Ausflug, wo alle glauben, Urlaub mit Verwandtschaft ist erholsam. Spoiler: Nope. Jedenfalls – ich hab da was gesehen. Etwas, das nicht geplant war. Oder vielleicht doch. Aber nicht von uns.

Die Regenbogenparade. Junge, war das bunt. Laut. Frei. Echtes Leben halt. Menschen haben getanzt, gelacht, geweint, geschwitzt, geknutscht – also ja, es war alles dabei. Ich hab das Gefühl gehabt, da war Liebe in der Luft. So richtig. Und trotzdem sind Leute daneben gestanden und haben geguckt wie bei nem Verkehrsunfall. Manche haben sogar gefilmt. Aber halt nicht, weil sie’s schön fanden. Sondern so… so angewidert. Ich check das nicht.

Warum ist es für manche Menschen okay, wenn sich zwei Betrunkene auf TikTok abschlabbern, aber ein Mädchen, das ein anderes Mädchen liebt, ist ein Problem?

Warum darf Liebe nur existieren, wenn sie „passt“?

Warum kriegen manche Erwachsene Schnappatmung, wenn sie sehen, wie sich zwei Jungs küssen, aber keine, wenn im gleichen Atemzug Hassparolen gerufen werden?

Und was soll dieses „ist halt schwer für ihn, er ist in einer anderen Zeit aufgewachsen“? Ja, okay. Aber hallo – auch Dinosaurier sind ausgestorben. Nur weil man in der Vergangenheit lebt, heißt das nicht, dass man in der Gegenwart alles falsch machen darf.

Ich hab keine fertige Antwort. Aber ich weiß: Wenn du jemandem sagst, seine Liebe ist falsch, machst du ihn oder sie kaputt. Punkt.

Übrigens, das hat ja sogar Hanna geschnallt und da auch ein Video auf YouTube gepostet – RESPEKT, OIDA

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